WIE PRÜFT DER MD DEN ANSPRUCH AUF PFLEGEGRAD ?


Bewertung des Hilfebedarfs bei Kindern mit einer Autismus-Spektrum-Störung oft kommen ja darüber hinaus weitere Beeinträchtigungen hinzu.
 
Zum Zwecke einer gesicherten Diagnose einer Autismus-Spektrum-Störung, ist es zur Ermittlung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten sehr wichtig, nicht nur das Kind zu befragen, sondern die gesamten Lebensumstände durch die Angehörigen/Pflegeeltern beschreiben zu lassen.
Aus diesem Grund hat der Gesetzgeber folgende Richtlinien beim Verfahren der Feststellung von Pflegebedürftigkeit vorgegeben.

Siehe neues Begutachtungs-assessment (NBA) unter:
 
4.5.2 Pflegerelevante Vorgeschichte (Anamnese), medizinische und pflegerische Angaben unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf die Selbstständigkeit oder die Fähigkeiten
 
• Die persönliche Einschätzung der Betroffenen zu ihren derzeitigen gesundheitlichen und pflegerischen Problemen, Bedürfnissen und Veränderungswünschen, ist zu erfassen. Das wird in der Regel von den Eltern gemacht.
• Es ist nach den pflegerelevanten Erkrankungen und Beschwerden zu fragen.
• Auch Tagesformschwankungen oder besondere Belastungen für die Pflegenden sind aufzunehmen.
• Anamnestische Angaben zu kognitiven Fähigkeiten oder herausforderndem Verhalten,sind, im Hinblick auf die Bewertung der Module 2 und 3, zu erfragen und hier aufzunehmen.
• Besonders bei Erkrankungen mit wechselnder Symptomatik, erleichtert dieses Vorgehen,die nachfolgende gutachterliche Beurteilung der Selbstständigkeit.

Nach der Dokumentation der pflegerelevanten Vorgeschichte, folgt die Feststellung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen, der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten. Auch hier sind bei der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung, die anamnestischen Angaben der Angehörigen/Pflegepersonen von besonderer Bedeutung und müssen sorgfältig erhoben werden. Siehe Neues Begutachtungsassessment (NBA) unter:
 
4.8.2 Feststellung der gesundheitlich bedingten Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten
Nach der strukturierten Anamnese- und Befunderhebung erfolgt die Anwendung der sechs Module des Begutachtungsinstruments. Dabei muss die Gutachterin oder der Gutachter,sowohl die eigenen Befunde, als auch anamnestische Angaben von Betroffenen, Pflegepersonen, Pflegekräften oder anderen Stellen (z. B. behandelnden Ärzten) bei der Feststellung der Pflegebedürftigkeit berücksichtigen.
Bewertung des Hilfebedarfs bei Kindern mit einer Autismus-Spektrum-Störung
Auch hier sind nur die nachfolgend genannten sechs Module zur Einstufung in einen Pflegegrad ausschlaggebend:
 
1. Mobilität
2. Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
3. Verhaltensweisen und psychische Problemlagen
4. Selbstversorgung (nicht Einkaufen und Putzen)
5. Bewältigung von und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (ehemalig Behandlungspflege)
6. Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte
 
 
Pflegegrad bei Diagnose Autismus-Spektrum-Störung 
 
 
Kinder mit der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung erfüllen fast immer die Kriterien zur Eingruppierung in einen Pflegegrad. 
Besonders in den Modulen 2 „kognitive und kommunikative Fähigkeiten“ und 3 „Verhaltensweisen und psychische Problemlagen“ ist mit einer Beeinträchtigung der Fähigkeiten zu rechnen (siehe: kognitives Defizit in der Empathie, d. h. es fehlt das Verständnis für sozial inakzeptables Verhalten). 
 
 
Im Modul 2 müssen folgende kognitive Fähigkeiten geprüft werden: 
 
• Erkennen von Personen aus dem näheren Umfeld 
• Örtliche Orientierung
• Zeitliche Orientierung
• Erinnern an wesentliche Ereignisse oder Beobachtungen
• Steuern von mehrschrittigen Alltagshandlungen
• Treffen von Entscheidungen im Alltagsleben 
• Verstehen von Sachverhalten und Informationen
• Erkennen von Risiken und Gefahren
• Mitteilen von elementaren Bedürfnissen
• Verstehen von Aufforderungen
• Beteiligen an einem Gespräch 
Der Gutachter (m/w) muss ermitteln, ob die Fähigkeit bei der Person 
• vorhanden/ unbeeinträchtigt ist 
• größtenteils vorhanden ist 
• in geringem Maße vorhanden ist 
• nicht vorhanden ist 
 
Die Auswertung erfolgt mit sogenannt Einzelpunkten. Anhand der Anzahl der ermittelten Einzelpunkte, ist aus einem Umrechnungsschlüssel die Anzahl der gewichteten Punkte abzulesen. Die gewichteten Punkte werden aus jedem Modul addiert und ergeben den Pflegegrad. 

Im Modul 3 muss ermittelt werden, bei welchen der nachfolgenden Verhaltensweisen und psychischen Problemlagen, eine personelle Unterstützung erforderlich ist. 

• motorisch geprägte Verhaltensauffälligkeiten
• nächtliche Unruhe
• selbstschädigendes und autoaggressives Verhalten
• Beschädigen von Gegenständen
• physisch aggressives Verhalten gegenüber anderen Personen 
• verbale Aggression
• andere pflegerelevante vokale Auffälligkeiten
• Abwehr pflegerischer oder anderer unterstützender Maßnahmen 
• Wahnvorstellungen
• Ängste 
• Antriebslosigkeit bei depressiver Stimmungslage
• Sozial inadäquate Verhaltensweisen
• sonstige pflegerelevante inadäquate Handlungen
 
Der Gutachter (m/w) muss ermitteln, wie häufig eine personelle Unterstützung erforderlich ist. 
 
• nie oder sehr selten 
• selten (ein- bis dreimal innerhalb von zwei Wochen) 
• häufig (zweimal bis mehrmals wöchentlich aber nicht täglich) 
• täglich 
 
Im Modul 4 „Selbstversorgung“ finden sich, je nach Ausprägung Anforderungen an die Angehörigen. Der Gutachter (m/w) muss ermitteln, welche Beeinträchtigungen einen Hilfebedarf bei den einzelnen Verrichtungen notwendig machen. Hierbei ist es unerheblich, ob die Beeinträchtigung der Selbstständigkeit aufgrund von Schädigungen somatischer (körperlicher) oder mentaler (geistiger) Funktionen bestehen. 

Für folgende Verrichtungen muss der Grad der Selbstständigkeit vom Gutachter (m/w) ermittelt werden: 
 
• Waschen des vorderen Oberkörpers
• Körperpflege im Bereich des Kopfes
• Waschen des Intimbereichs
• Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare
• An- und Auskleiden des Oberkörpers
• An- und Auskleiden des Unterkörpers
• Mundgerechtes Zubereiten der Nahrung und Eingießen von Getränken 
• Essen 
• Trinken
• Benutzen einer Toilette oder eines Toilettenstuhls 
• Bewältigen der Folgen einer Harninkontinenz und Umgang mit Dauerkatheter und Urostoma
• Bewältigen der Folgen einer Stuhlinkontinenz und Umgang mit Stoma 
 
Der Gutachter (m/w) muss den Grad der Selbstständigkeit ermitteln: 
 
• selbstständig 
• überwiegend selbstständig 
• überwiegend unselbstständig 
• unselbstständig 
 
Die Art und der Umfang des Hilfebedarfs ist sehr unterschiedlich. Gerade bei Kindern mit der Diagnose Autismus-Spektrum-Störung kann es sein, dass das Kind ständig motiviert und angeleitet werden muss, um z. B. mit der selbständigen Körperpflege zu beginnen. 
Es kann genauso erforderlich sein, über die Motivierung und Anleitungen hinaus Teilübernahmen bis hin zur kompletten Übernahme einer Verrichtung durchzuführen, z. B. bei Verweigerungshaltung des Kindes bei der Selbstversorgung. 

Im Modul 5 finden die sogenannten Behandlungspflegen/Therapien/Arztbesuche Berücksichtigung. 
 
• Medikation 
• Injektionen
• Versorgung intravenöser Zugänge (z. B. Port) 
• Absaugen und Sauerstoffgabe
• Einreibungen oder Kälte- und Wärme-Anwendungen 
• Messung und Deutung von Körperzuständen
• Körpernahe Hilfsmittel
• Verbandswechsel und Wundversorgung 
• Versorgung mit Stoma
• regelmäßige Einmalkatheterisierung und Nutzung von Abführmethoden 
• Therapiemaßnahmen in häuslicher Umgebung
• Zeit- und technikintensive Maßnahmen in häuslicher Umgebung 
• Arztbesuche 
• Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (bis zu drei Stunden) 
• Zeitlich ausgedehnte Besuche anderer medizinischer oder therapeutischer Einrichtungen (länger als drei Stunden) 
• Einhaltung einer Diät und anderer krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften 
 
Der Gutachter (m/w) muss ermitteln, welche Maßnahme 
 
• selbstständig durchgeführt werden kann 
• entfällt 
• Hilfe erfordert 
Bei der Häufigkeit wird hier unterschieden: 
• pro Tag 
• pro Woche 
• pro Monat 
 
Im Modul 6 ist zu ermitteln, ob die Gestaltung des Alltagslebens und die Aufrechterhaltung sozialer Kontakte“ einen Hilfebedarf erfordert. 
Bereits aus der pflegebegründenden Diagnose „Autismus-Spektrum-Störung“, leitet sich ein Hilfebedarf ab.
 
Folgende Probleme stellen sich in diesem Zusammenhang: 
 
• Problemen im sozialen Umgang (z. B. beim Verständnis und Aufbau von Beziehungen) 
• Auffälligkeiten bei der Kommunikation (sprachliche und nicht-sprachliche Verständigung) 
• eingeschränkte Interessen mit stereotypen, sich wiederholenden Verhaltensweisen 
 
Folgende Bereiche des Alltagslebens gilt es in Bezug auf den Grad der Selbstständigkeit zu überprüfen: 
 
• Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen 
• Ruhen und Schlafen
• Sich beschäftigen
• Vornehmen von in die Zukunft gerichteten Planungen 
• Interaktion mit Personen im direkten Kontakt 
• Kontaktpflege zu Personen außerhalb des direkten Umfelds 
 
Der Gutachter (m/w) hat zu ermitteln, ob das Kind: 
 
• selbstständig 
• überwiegend selbstständig 
• überwiegend unselbstständig 
• unselbstständig ist 
 
Nach Ermittlung der Einzelpunkte und dem Umrechnen in gewichtete Punkte ist die Ermittlung des Pflegegrades abgeschlossen. 

Pflegegrad 1 ist ab 12,5 gewichteten Punkten anzuerkennen 
Pflegegrad 2 von 27 – unter 47,5 gewichteten Punkten 
Pflegegrad 3 von 47,5 bis unter 70 gewichteten Punkten 
Pflegegrad 4 von 70 bis unter 90 gewichteten Punkten 
Pflegegrad 5 ab 90 gewichteten Punkten oder dem Vorliegen einer besonderen Bedarfskonstellation 
 
Voraussetzungen an die Gutachter (m/w) bei Prüfung der Pflegebedürftigkeit bei Kindern (siehe neues Pflegestärkungsgesetz): 
Bei Kindern ist die Prüfung der Pflegebedürftigkeit in der Regel durch besonders geschulte Gutachterinnen und Gutachter des Medizinischen Dienstes oder andere unabhängige Gutachterinnen und Gutachter mit einer Qualifikation als Gesundheits- und Kinderkrankenpfleger oder als Kinderarzt vorzunehmen.